Ein bisschen Demokratie

Interessiert ihr euch für Demokratie im Allgemeinen? Und vielleicht auch Wahlen im Speziellen? Habt ihr ein Glück! Denn:

Es ischt wieder soweit. Das Studierendenparlament versucht, relativ erfolglos, einen ausgewachsenen Wahlausschuss zu wählen. Das ist jetzt keine Wertung, sondern ein Blick auf die nackten Zahlen: Eigentlich müssten 9 Ausschussmitglieder und 9 stellvertretende Mitglieder gewählt werden. Doch wie jedes Jahr wurde das im Vorfeld nicht groß innerhalb der Studierendenschaft bekannt gemacht, und so sind aktuell nur 7 von den insgesamt 18 Plätzen besetzt.

Das liegt möglicherweise auch daran, dass man als Ausschussmitglied natürlich nicht für die Wahl kandidieren kann, was heißt, dass die Mitglieder der im Studierendenparlament vertretenen Gruppen oft nicht selbst in den Ausschuss können, da sie zur Wahl antreten möchten. Und wenn sonst niemand weiß, dass der Wahlausschuss besetzt werden soll, hat man den Salat.

Was macht man im Wahlausschuss so?

Man bereitet die Wahl zum XXXVII. Studierendenparlament vor, die voraussichtlich vom 19. bis zum 22. Januar zusammen mit den Gremienwahlen stattfinden wird.

Das umfasst alles von der Ausschreibung der Wahl, der Entgegennahme, Prüfung und Bekanntmachung der Wahlbewerbungen, Layout von Wahlzeitung und Stimmzettel über die Auswahl und Einweisung von Wahlhelferinnen und Wahlhelfern bis zur Auszählung der Wahl und der Bekanntgabe des Wahlergebnisses.

Wenn man Lust hat, stellt man den Listen auch noch Werbeflächen zur Verfügung und organisiert eine Diskussionsveranstaltung vor der Wahl, quasi ein TV-Duell ohne TV.

Die Wahlausschussmitglieder können das alles relativ frei untereinander aufteilen, nur gemacht werden muss es halt, und zwar rechtzeitig.

Was bekommt man dafür?

Geld. Insgesamt 5000 € für den gesamten Wahlausschuss, die in der Regel nach Arbeitsaufwand aufgeteilt werden, plus ein Bonus für die Wahlleitung.

Oh, und ganz viel Liebe oder Hass von den sich bewerbenden Listen, je nachdem, wie akkurat man arbeitet und ob die neue Wahlordnung noch rechtzeitig veröffentlicht wird1.

Und Spaß kann das Ganze natürlich auch machen. Besonders wenn man die Leute im Team hat, die bereits gewählt wurden.

Klingt super. Wo bewerbe ich mich?

Versuch’s doch mal bei den folgenden Stellen:

http://www.campusgruen-bonn.de/

http://www.rcds-bonn.de/de/impressum/

http://jusohsgbonn.de/262-2/

http://lhg-bonn.de/

http://www.asta-bonn.de/Fachschaftenreferat

http://lust.blogsport.de/2

Nicht vorschlagsberechtigt, aber man kann es ja mal versuchen:

http://www.sp.uni-bonn.de/kontakt.html

http://wiki.piratenpartei.de/HSG:Bonn

Und wenn man unvermittelt auf der nächsten SP-Sitzung am 5. November (t.b.a.) aufschlägt und meint, man würde das mit den Wahlen und so machen, könnte das möglicherweise auch funktionieren.

urne

  1. Dieses Trauerspiel hat vielleicht einen eigenen Artikel verdient.
  2. Korrektur: Die LUST ist vermutlich auch vorschlagsberechtigt, da die entsprechende Satzungsregelung zur Ausschussbesetzung vermutlich Vorrang vor der Regelung der Wahlordnung hat. Danke an Michael für den Hinweis.

Electoral trolling

Einmal im Jahr sind an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn Wahlen. Man wählt die Mitglieder des Studierendenparlaments sowie die studentischen Mitglieder des Senats, der Fakultätsräte, des Vorstands des Bonner Zentrums für Lehrerbildung und des Beirats der Gleichstellungsbeauftragten.

Es folgt eine (mit Sicherheit unvollständige) Auflistung von Dingen, die man tun kann, um den Wahlausschuss bzw. die Wahlleiter zu trollen, und zwar völlig im Rahmen der Wahlordnung. Und weil englische Titel hipper sind, sind die Titel auf Englisch.

Be lengthy!

Wer als Liste antritt, braucht einen hippen Listennamen. Die Klassiker sind „Rot-Gelb-Grüne Liste“, „Hochschulgruppe X“, „Gegen Studiengebühren!!!“ oder „Hinz & Kunz“. Aber das ist ja langweilig. Die Wahlordnung kennt schließlich keine obere Schranke für die Länge des Listennamens. Tretet doch mal als

„Wir sind die Liste, die den Wahlausschuss dadurch zu nerven versucht, dass sie den Listennamen soooooo lang macht, dass er kaum mehr auf den Stimmzettel passt und dadurch sehr viel Aufwand beim Layout verursacht – wir finden diese ganze Veranstaltung ansonsten doof und freuen uns über jede Listenstimme, mit der ihr ausdrückt, dass es euch genauso geht wie uns. #YoloSwag!“

an. Irgend ein armer Tropf muss das dann in der Wahlzeitung und auf dem Stimmzettel in geeigneter Weise unterbringen.

Apropos lange Namen: Wenn ihr schon dabei seid, könnt ihr auch gleich beantragen, dass eure Spitznamen auf dem Stimmzettel aufgeführt werden. Wer würde nicht gern sein Kreuz bei Dominik „The Dominator“ Müller oder Ursel-Henriette „Die-deren-Name-nicht-genannt-werden-darf“ Meier-Huber machen! Mehr als aus fadenscheinigen Gründen abgelehnt werden kann der Antrag schließlich nicht.

Be many!

Wisst ihr, was genauso nervt wie lange Listennamen? Lange Listen. Ein Beispiel: 2014 trat die Liste „Juso-Hochschulgruppe“ mit 48 Kandidierenden an. Achtundvierzig! Dabei gibt es nur 43 Plätze zu besetzen. Und so etwas hat Auswirkungen auf das Layout des Stimmzettels:

Stimmzettel zur SP-Wahl 2014, stilisiert.

Stimmzettel zur SP-Wahl 2014, stilisiert.

Der Stimmzettel ist bereits in DIN A3 im Hochformat und stößt schon an seine physischen Grenzen. Tretet mit 5 Personen mehr auf der Liste an, und der Wahlausschuss darf sich ein neues Layout überlegen. Wie wäre es mal mit einem doppelseitigen Stimmzettel? Oder gleich DIN A2? Vielleicht gar ein Ausdruck auf  8cm-Kassenrollenpapier? Spannend!

Be even more!

Was nervt noch mehr als lange Listen? Viele Listen. Das bietet sich insbesondere bei den Gremienwahlen an, schließlich benötigst du bei der SP-Wahl aktuell 31 Homies, die entweder mit dir zusammen auf deiner Liste stehen oder dir wenigstens ihre Unterstützungsunterschrift geben wollen; für die Gremienwahlen sind es jedoch lediglich vier (plus dich selbst).  Allein aus den Kandidierenden fürs Studierendenparlament (ohne ihre Unterstützungsunterschriften) könnte man also 30 Listen für den Senat basteln. Und dann schauen wir mal, wie sie das auf den Stimmzettel bekommen 🙂

Hat man jedoch beim Studierendenparlament seine 32 Unterstützungsunterschriften zusammen, bekommt man in der Wahlzeitung in der Regel ganze vier DIN-A4-Seiten, auf denen man seine Weltsicht darlegen kann – oder einfach nur nach einer Frau fürs Leben suchen.

Menüvorschlag

Menüvorschlag für einen Wahlzeitungsbeitrag

Alternativ kann man im Listennamen auch sein Fan-sein ausleben. Das klappt allerdings nur bei der Wahl zum Studierendenparlament, wo neue Listennamen alphabetisch sortiert werden. Die Uni lost die Listenreihung stets aus.

Fiktiver Auszug aus dem Inhaltsverzeichnis der Wahlzeitung

Fiktiver Auszug aus dem Inhaltsverzeichnis der Wahlzeitung

Oder nennt euch doch mal Eyjafjallajökull und lacht euch einen Ast, wenn bei Elefantenrunde und Ergebnisverkündung versucht wird, euren Listennamen auszusprechen.

Die Möglichkeiten sind grenzenlos. Und jede/r sollte mal für ein Studierendenparlament kandidiert haben 😉

Ich freue mich schon auf die Wahlen 2015.

Neutral wie die Schweiz

Nächsten Mittwoch steigt wieder einmal in Vorbereitung auf die große Wahl (welche Wahl?) in der Mensa Nassestraße die Elefantenrunde (Link zur Facebook-Veranstaltung).

Auf dieser Veranstaltung sitzt von jeder zur Wahl antretenden Liste eine Person auf dem Podium und „unterhält“ sich mit den anderen Leuten rundherum. Moderiert wird das Ganze voraussichtlich von Hendrik Erz von bonnFM, dem besten studentischen Radiosender in Bonn überhaupt. Und natürlich darf auch das Publikum Fragen stellen.

Eigentlich wäre das eine gute Gelegenheit, die Spitzenkandidierenden mal so richtig zu grillen. Man könnte fragen, ob die Spitzenkandidierenden vorhaben, sich nach der Hälfte der Legislaturperiode ins Ausland abzusetzen1, wie viele (und welche) der Listenplätze sofort nach ihrer Wahl zurücktreten werden2, oder man fragt eine Liste gezielt, warum sie die Wählerschaft in Wahlzeitung oder Wahl-O-Man in einem konkreten Punkt dreist anlügt3. Oder warum alle Listen versuchen, ein falsches Bild von sich zu vermitteln und sich künstlich jünger zu machen. Jaja! Da soll niemand sagen, „seine“ oder „ihre“ Liste mache das nicht! Legt mal die letzte und die aktuelle Wahlzeitung nebeneinander und vergleicht *grins*

Jedenfalls. Ich könnte das tun, genug Ahnung von der ganzen Materie habe ich. Allerdings bin ich auch Mitglied im Wahlausschuss, und als solches habe ich meine Aufgaben „unparteiisch[] und gewissenhaft[]“ zu erfüllen,  wie die Wahlordnung es so schön ausdrückt. Und das bedeutet insbesondere: Keine Wahlkampfhilfe und kein Coaching.

nein

Keine Wahlkampfhilfe

Eigentlich klar. Ich helfe niemandem beim Plakate kleben, ich verziere im Gegenzug auch niemandes Plakate, ich zerlege nicht die „Argumentation“ einer Liste, wovon andere Listen im Wahlkampf profitieren könnten (wenn es denn bei euch Apathikern überhaupt einen Unterschied machen würde). Wir organisieren hier unsere Wahl und sonst nichts4 – wenn euch etwas nicht passt, was die anderen machen, wendet euch an den Ältestenrat.

Kein Coaching

oder aber „warum bist’n du soooo!“. Das Coaching-Konzept stammt aus der Sammelkartenspielszene und wird in diesem Artikel schön erklärt.

„Keine Wahlkampfhilfe“ heißt: Ich tue nichts, was einer Liste hilft. „Kein Coaching“ bedeutet, kurz zusammengefasst: Ich nehme einer Liste nicht das Denken ab – ich sage einer Liste nicht, was sie tun sollte.

Ein Beispiel: Hans von der Liste X fragt mich, wie seine Liste letztes Jahr exakt hieß, damit er sie dieses Jahr wieder genauso nennen und seinen formidablen 7. Platz auf dem Stimmzettel behalten kann. Das Problem: Wenn ich ihm diese Frage beantworte, sage ich ihm, was er tun soll.

Die Lösung für Hans wäre in diesem Fall, eine andere Frage zu stellen: „Wo finde ich die exakten Listennamen der zur letzten Wahl angetretenen Listen?“ Dass diese in der letztjährigen Wahlzeitung und dem vorläufigen amtlichen Endergebnis stehen, ist eine allgemeine Information, die ich problemlos loswerden kann.5

Noch ein Beispiel: Hilde, ebenfalls von Liste X und eine alte Schulfreundin von mir, hat zum donnerstäglichen Kaffeekränzchen die Wahlbewerbung ihrer Liste mitgebracht und fragt, ob ich mal eben drübergucken könnte, ob grobe Fehler drin sind.6 „Coaching!“ werden da die ersten schreien und ja, vollkommen richtig: Ich würde Hilde sagen, was sie tun soll, um das bestmögliche Ergebnis (keine Mängel) zu erzielen, und das geht natürlich nicht.

Hilde könnte schon fragen, ob man denn alle Vornamen auf die Bewerbung schreiben müsse, die auf dem Studentinnenausweis stehen (Ja.7) und ob man vielleicht noch auf den Stimmzettel schreiben lassen kann, dass ihr Hund „Egon“ heißt (Nein???8). Der Standardweg wäre allerdings, einfach alles nach bestem Wissen und Gewissen auszufüllen, einzureichen und dann auf die meterlange Mängelliste nach der Prüfung durch den Wahlausschuss zu warten.9

Ein drittes Beispiel: Hans fragt mich, an welchem Urnenstandort man am besten Wahlwerbung machen kann. Abgesehen davon, dass rund um die Wahllokale eine Bannmeile mit 5 Metern Radius liegt, innerhalb derer Wahlwerbung weder hängen, noch liegen, noch getragen werden darf, würde ich ihm mit Beantwortung dieser Frage das Denken abnehmen. Ergo: Mööp.

Das Coaching-Prinzip ist vermutlich für Menschen mit mathematischer Grundausbildung verständlicher als für solche, die sich eher geisteswissenschaftlich-künstlerisch orientiert haben. Grundsätzlich sollte man aber mitnehmen: Ein „Nein, diese Frage kann ich dir nicht beantworten“ ist nicht unbedingt ein „Nein, das sage ich dir nicht“, sondern vielleicht auch ein „Wenn du allgemeiner fragst und dann ein bisschen selbst denkst, wird’s vielleicht was“.

  1. kommt vor
  2. kommt vor
  3. kommt vor
  4. Ja, und die Elefantenrunde. Ist halt Teil der Wahl.
  5. Wobei es sich hierbei mittlerweile ja insgesamt um eine akademische Frage handelt.
  6. Eine Frage, die sich eigentlich immer im Brustton der Überzeugung mit „Ja!“ beantworten lässt, wie die Erfahrung zeigt.
  7. Wenn du ein Problem mit einem deiner Vornamen hast, besprich das mit deinen Eltern.
  8. Ein Antrag diesbezüglich an den Wahlausschuss ist selbstredend möglich.
  9. nächstes Jahr wird alles besser. Dann gibt es eine neue Wahlordnung, die alles einfacher macht. HAHAHAHAHA!