Enthaltsamkeit

Eine Enthaltung bei einer Wahl kann vieles bedeuten – von „die find ich alle gut“ bis „keine der angebotenen Optionen sagt mir zu“.

Im Gegensatz dazu steht die ungültige Stimme – sie entspricht entweder einem „ich bin zu blöd, einen Wahlzettel korrekt auszufüllen“, oder einem „ich schreibe zusätzliche Dinge auf den Wahlzettel und meine, dass das irgendwas bringt“.
Im Gegensatz zur Enthaltung ist die den Stimmzettel ausfüllende Person bei der ungültigen Stimme daher tendenziell deppert.

Bei der morgigen Oberbürgermeisterwahl zu Bonn sieht das Kandidierendenfeld nun folgendermaßen aus:

  • Herr Rutenstroth-Bauer und Herr Sridharan zeigen uns in ihrem Wahlkampfmaterial ihre Familien und machen sich damit schon unmöglich1,
  • Herr Schmidt ist bereits Teil der Ratsmehrheit und möchte als OB das umsetzen, was man bislang schon nicht auf die Reihe gebracht hat2,
  • Frau Tepass hat nicht einmal alle Antworten im Bonn-O-Mat mit einer der Partei Die PARTEI angemessenen Begründung versehen,
  • Herr Yildiz macht irgendwie gar keinen sichtbaren Wahlkampf, außer ein Plakat aufzuhängen und (extrem verspätet) den Bonn-O-Mat auszufüllen – komplett ohne Begründungen, und
  • Herr Pauqué schafft es zu guter Letzt, seine Kandidatur noch unernster aussehen zu lassen als die der Kandidatin von Die PARTEI. Respekt dafür.

Was dann also zu tun ist, scheint offensichtlich.

 

noe

Jetzt sagt das Kommunalwahlgesetz NRW in § 30 allerdings folgendes:

Ungültig sind Stimmen, wenn der Stimmzettel

[…]

2. keine Kennzeichnung enthält,

Enthaltungen sind also ungültig? Na Bravo. Damit gibt es also keine Unterscheidung zwischen denen, die zu blöd sind, und denen, die bewusst niemandem der Kandidierenden eine Stimme geben möchten. Tröstlich ist, dass das wenigstens auf das Wahlergebnis keine Auswirkung hat.

Wer sich enthalten möchte, kann dies weiterhin nur bei der Wahl zum Studierendenparlament tun3. Über 2 % der Wählerinnen und Wähler haben diese Möglichkeit letztes Mal genutzt. Bewusst, will ich hoffen.

  1. Bua, kandidiersch du oder kandidiert dei Frau?
  2. Haha!
  3. Was auch niemand weiß: Die Gremienwahlen kennen auch keine Enthaltung.

Technisch einwandfrei

Vor zwei Monaten habe ich implizit erklärt, weshalb es normalerweise nicht so wichtig ist, bei Fachschaftswahlen wählen zu gehen.

Heute möchte ich darauf eingehen, weshalb es gerade dann wichtig ist, dass diese Wahlen ordnungsgemäß durchgeführt werden.

Wie bereits beschrieben sieht das Ergebnis von Fachschaftswahlen an der Uni Bonn meist so aus, dass die gewählten Personen sich zuvor als Mitglieder derselben Liste zur Wahl beworben haben. Diese Listen entstehen oft so, dass sich ein oder zwei Personen aus der Fachschaft bereit erklären, von allen Interessierten die benötigten Daten zu sammeln und dann als Liste einzureichen. Wahlprogramme, wie wir sie von der SP-Wahl kennen, gibt es seltenst.

In dieser familiären Fachschafts-Atmosphäre besteht dann natürlich die Gefahr, dass man es mit den Regeln „nicht so genau nimmt“, weil die Wahlen nur lästige Pflicht sind und man niemandem Unannehmlichkeiten bereiten möchte.

Das mag eine Weile lang auch gut gehen, allerdings kommt ziemlich sicher der Punkt, an dem das zu Problemen führt: Entweder schneit von extern eine Wahlprüfung ins Haus, die die gesamte Wahl dann aufgrund von Formalien fachgerecht zerhäckselt, oder von extern wird eine zweite Wahlbewerbung1 eingereicht. Letztere Erfahrung durfte die Fachschaft Mathematik bei ihrer letzten Fachschaftswahl machen, und wie man hört war man ganz aufgeregt darüber, dass Personen nicht auf einer Einheitsliste antreten, sondern ihre eigene Liste einreichen wollten. Und das auch getan haben.

Nur: Wenn man glaubt, eine Wahl nicht nach den offiziellen Regeln durchführen zu müssen, sondern so, wie man meint, dass es „schon immer so gemacht“ wurde, dann ist das nicht mehr demokratisch, sondern bestenfalls Klüngelei. Und eine durch eine solche Wahl gewählte Fachschaftsvertretung kann sich dann auch nicht mehr hinter einer möglicherweise hohen Wahlbeteiligung verstecken. Sie ist nicht durch ein ordentliches Wahlverfahren demokratisch legitimiert.

Denn nur, wenn die Regeln einer Wahl allgemein anerkannt2 und schriftlich öffentlich verfügbar sind, und dann auch von Wahlausschuss und Wahlleiter so umgesetzt werden, kann von einem demokratischen Wahlverfahren gesprochen werden. Etwas anderes würde die Gruppe bevorzugen, die mit dem „Wahlverfahren“ vertraut ist, und externe Bewerbungen benachteiligen.

Ungleichbehandlung von Kandidierenden schließlich ist etwas, was man als Wahlausschuss unter allen Umständen vermeiden möchte. Und am effektivsten gewährleistet man dies, indem man die Wahlordnung strikt anwendet.

Es folgt: Nur eine ordnungsgemäß durchgeführte Wahl ist eine demokratische Wahl.

  1. Bei einer „Wahlbewerbung“ handelt es sich übrigens um eine Listenbewerbung, die 1 oder mehrere Personen enthält
  2. Allgemein anerkannt = vom höchsten Beschlussorgan der Studierendenschaft (Studierenenparlament) beschlossen und in der AKUT veröffentlicht